FOTO: IN DER BBC
POP
The Holmes Brothers
BROTHERHOOD
Alligator/In-Akustik CD
(
54
’)
Cover und Titel versprechen, dass
sich das legendäre Vokal-Ensemb-
le als sanglich wunderbar harmo-
nierendes Trio präsentieren wird.
Aber das tut es selten genug, do-
niniert doch der jeweilige Leadsin-
ger komplett. Für „Lickety Split“,
einen seiner acht von 14 Songs
hier, ließ sich Wendell Holmes von
J. J. Cales „Cocaine“ inspirieren.
Um authentischen Stax-Sound
ist die Produktion von „My Kind
Of G irl“ (der William Bell/Booker
T. Jones-Song) so wenig bemüht
wie um fetzigen Rock ,n‘ Roll bei
Ike Turners „You’ve Got To Lose“.
„Amazing Grace“ ist hier ein sehr
privates Vergnügen.
F. Sch.
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CDs
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NEUES
AUS
DER
M U S I K W E L T
GEHEIMTIPP
Michy Reineke
HATTEICH DICH NICHT GEBETEN
IM AUTO ZU WARTEN
Rintintin/Indigo CD
(
44
’)
Nach seiner Methode beim Lie-
derschreiben befragt, antwortete
Michy Reincke kürzlich: „Ich male
mein Herz auf ein Blatt Papier und
singe es laut vor.“ Das macht der
Mittfünfziger beim neuen Opus er-
neut so sympathisch, dass man ihn
einfach gernhaben muss. Er spielt
hier einen gehobenen Deutschpop,
jongliert gekonnt mit Klängen in der
Nachfolge von Motownsoul, Bowie
und Dylan und leuchtet mit feinem
Wortwitz die Dinge aus, die ihm
so auffallen. Insbesondere seine
Lieder übers Fremdgehen („Mein
schwarzes Herz“) und sich neu ver-
lieben („Deine Augen genügen“)
sind fein beobachtet.
hake
MUSIK ★
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KLANG ★
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Manu Chao
SIBÉRIE M’ETAIT CONTÉEE
Because Music/Alive CD (auch als LP)
Sharon Jones & The Dap-Kings
GIVE THE PEOPLE WHAT THEY WANT
Daptone/Grooveattack CD (auch als LP)
(
34
')
Mit seinem Solodebüt „Clandesti-
no“ lief Manu Chao 1998 zu wahrer
Größe auf. Und als Produzent des
afrikanischen Duos Amadou & Mari-
am leistete der Ex-Sänger von Mano
Negra 2007 Außergewöhnliches.
Mit der Neuauflage des Backkata-
logs kommt nun statt eines neuen
Albums endlich das kultige „Sibérie
M’Etait Contéee“ unters Volk. Die 23
französischen Tracks wurden 2004
nur in limitierter Auflage veröffent-
licht. Wo Manu Chao draufsteht,
ist sein bewusst naiv gehaltener
Mix aus Folk, Latin, Reggae und
Kinderlied auch drin: Der Titelsong
ähnelt dem Hypnotic-Groove von
„Dimanche A Bamako“. Und wann
kommt was Neues?
wz
Schon erstaunlich: Wie vergrößert
Sharon Jones und ihre Truppe, die
Haus-Band des Labels „Daptone
Records“, ohne großes Major-Label
und ohne Radio-Hit kontinuierlich
ihr Fangemeinde? Die Antwort, so
klischeehaft das auch klingen mag:
Die 57-Jährige lebt und liebt ihre
Musik, die - den Vorbildern von
Stax und Motown-Soul folgend
- eigentlich gar nicht zeitgemäß
klingt. Aber eben erfüllt ist von
Leidenschaft und tief empfundener
Spiritualität! Sicher: Vorbilder wie
Otis Redding, James Brown oder
Etta James bleiben unerreicht, aber
Retro-Soul-Jungspunde wie Joss
Stone oder Amy Winehouse steckt
sie schon lange in die Tasche.
pb
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um die unsterblichen Songs von
Pink Floyds „Dark Side“-Album ge-
schrieben. Er spart dabei nicht mit
Gesellschaftskritik, doch durch die
kreativen Absurditäten der Erzäh-
lung entsteht niemals der Eindruck
eines erhobenen Zeigefingers.
Je nach persönlichem Humor-
empfinden reichen die zu ent-
deckenden Anklänge bis hin zu
Monty Python. Stoppard gelingt
in dem exzellent auf Englisch ge-
sprochenen Hörspiel das eigentlich
Unmögliche, der Musik neue As-
pekte abzugewinnen, indem er sie
kongenial einbettet in den Text. Für
des Englischen weniger Mächtige
finden sich auf einer zweiten CD in
verschiedenen Sprachen die kom-
plett übersetzten Drehbuchtexte.
Ein ganz und gar
un gew öhn lich es
Vergnügen, das für
die BBC geschrie-
ben wurde und sei-
Philosophiestudentin Emily McCoy
ist auf der Suche nach Moral und
Wahrheit. Doch schon bald weiß sie
nicht einmal mehr, ob ihre eigene
Existenz real ist. Tom Stoppard,
renommierter Bühnen- und Dreh-
buchautor, hat eine wilde, skur-
rile, humorvolle Geschichte rund
Tom Stoppard
DARKSIDE
ADA for Parlophone/Warner
2
CDs
(
70
’)
ne Radiopremiere
am
13.
August
2013 erlebte.
Michael Lang
MUSIK ★
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COUNTRY MILE
Transgressive/Rough Trade CD (auch als LP)
(
40
’)
Der Titelsong seines op. 3 erinnert
eher an frühe Jethro Tull denn an
Nic Jones, Martin Simpson oder
andere Erz-Folkies. Der reinen
Lehre hängen Johnny Flynn und
die Seinen mit Einsatz von Pedal
Steel und W urlitzer erkennbar
nicht an. Aber zum ganz großen
Reiz des Album gehört, dass hier
anders als bei Marcus Mumford
nichts formelhaft
komponiert,
arrangiert
und
m usiziert
ist,
sondern Delikatesse und Gefühl
für
Klangschönheit
etwa
bei
„Einstein’s Idea“ den Einsatz von
Mandoline, Cello, Flügelhorn und
Violine bestimmen. Und wunder-
bar „old-tim ey“ klingt Johnny
Flynn manchmal auch.
F. Sch.
SONGS FROM THE ROAD
Ruf Records/In-Akustik CD (
69
’) und DVD (
94
’)
Nahezu alle Songs vom Debüt und
echt starke Covers von „Gimme
Shelter“ (Rolling Stones) sowie
„Fire On The Mountain“ (Grateful
Dead) hatte die Königliche Bruder-
schaft im Reisekoffer, als sie im
Herbst 2012 auf „Staatsbesuch“ in
Deutschland weilte. Kaum hatte die
quasi-aristokratische Supergroup
um Devon Allman und Cyril Neville
das Mitgebrachte in hochexplosi-
ven Live-Fassungen ausgepackt,
schon lag ihr das Volk zu Füßen.
Ein CD/DVD-Set zeigt nun, wie die
„Adligen“ beim Rockpalast-Ter-
min die Ärmel aufkrempelten und
schweißnass dem Südstaatenrock
frönten.
hake
MUSIK
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MUSIK ★ ★
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126 STEREO 2/2014
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